Montag, 19. November 2012

Verwurzelung

"Die Entwurzelung ist bei weitem die gefährlichste Krankheit der menschlichen Gesellschaft.
Wer entwurzelt ist, entwurzelt. Wer verwurzelt ist, entwurzelt nicht.
Die Verwurzelung ist vielleicht das wichtigste und meistverkannte Bedürfnis der menschlichen Seele."
                                                                                                                          Simone Weil 


Zechenhaus der vor den Flächensanierern geretteten Siedlung Bergmannsplatz 19.11.2012, siehe unten Post vom 17.11.2012
Leider hat die Stadt Duisburg aus ihren Abrissorgien in den 70er Jahren nichts gelernt. Sie entwurzelt wieder: In Bruckhausen, Marxloh und am Zinkhüttenplatz.



Samstag, 17. November 2012

Der größte Kahlschlag im bundesdeutschen Wohnungswesen

...war die "Sanierung" des Duisburger Stadtteils Neumühl Ende der 60er Jahre. Erst nach langem Kampf der Bürgerinitiativen nahm die Stadt Duisburg damals Vernunft an und stoppte den Abriss der Bergarbeitersiedlungen. Die Infrastruktur des Stadtteils wurde zerstört, 14 000 Menschen mussten ihre Wohnungen verlassen und wurden in "moderne" Hochhaussiedlungen umgesetzt. Nur 4000 Menschen durften in ihren Häusern bleiben. Die Bergarbeiterhäuser erfreuen sich heute dort, wo sie durch den Kampf der Initiativen erhalten geblieben sind, großer Beliebtheit. Große Teile des historischen Neumühls sind leider unwiederbringlich verloren. DIe bis heute erhaltenen Häuser zeigen, welchen Schatz die Stadt durch ihre Abrisswut verloren hat. 
Vor den Flächensanierern gerettet: Zechenhaus am Bergmannsplatz
Die Siedlung Bergmannsplatz, für deren Erhalt an der Spitze der Bürgerinitiative Ernst Honak als der "Löwe vom Bergmannsplatz" gekämpft hatte, steht heute unter Denkmalschutz. Die Stadt Duisburg hat zu dieser Siedlung eine "Gestaltungsfibel" herausgegeben, die beispielhaften Denkmalschutz zeigen soll. Nur ein paar kurze Sätze schildern die  "Sanierung" und die Rettung der Häuser durch die Arbeit der Initiative. 

„Städte, die ein verklemmtes Verhältnis zu ihrer Vergangenheit haben, können ihre Zukunft kaum meistern.“

sagte der Löwe vom Bergmannsplatz damals. Am Verhältnis der Stadt Duisburg zu ihrer Geschichte hat sich nichts geändert. Damals glaubte man, die Stadt der Wohnungsnot wegen "verdichten" zu müssen. Heute muss der demographische Wandel für die Zerstörung von Kultur herhalten: Auch heute räumt sie wieder ganze Stadtbereiche ab und "modernisiert" auf Kosten der Bürger und der Geschichte der Stadt. So wird unsere schöne Stadt immer ärmer. 

Artikel "Wo die Hütte Heimat wird" aus der "Zeit" von 1975


Gestaltungsfibel Denkmal Siedlung Bergmannsplatz 

Sonntag, 11. November 2012

Besuch in Eisenheim

Ein Gruppe von Studenten aus Weimar zu Besuch bei Roland Günter in Eisenheim

Das Ruhrgebiet hat bereits in den 70er Jahren eine (heute eigentlich unfassbare) Welle von Zerstörungen historischer Bausubstanz erlebt. Historische Arbeitersiedlungen mussten, wie im Falle von Neumühl, scheinbar modernen Satellitensiedlungen und Hochhäusern weichen. Altstädte, wie die von Ruhrort, wurden als unmodern und unhygienisch abgerissen. Auch Eisenheim, der ältesten Arbeitersiedlung des Ruhrgebiets,  hatte man dieses Schicksal zugedacht.

"Sowohl die HOAG, die Stadtverwaltung und die Medien waren entschlossen, die „hässlichen Altbauten“, „Veteranen“ einer „Kolonie-Zeit“ zu beseitigen. Schlagzeilen wie „Hier wird die älteste‚ Kolonie‘ der GHH mit einem Schlage verzaubert. Man wird das alte Eisenheim sozusagen nicht wiedererkennen, wenn alles fertig ist.“ waren als Verheißung gemeint." (Wikipedia Artikel Siedlung Eisenheim

Das erinnert nicht von ungefähr an die Verlautbarungen der Stadt Duisburg zu Bruckhausen und auch der Rest des Ruhrgebiets (und Bürger von Städten weit darüber hinaus) darf es als Drohung auffassen, wenn die Stadt Duisburg von Bruckhausen als "Pilotprojekt" spricht. 

Roland und Janne Günter und ihren Mitstreitern ist es zu verdanken, dass Eisenheim heute noch ein Idyll, Anziehungspunkt für Touristen aus aller Welt und eine lebenswerte Heimat für seine Bewohner ist. In der Folge wurden von Bürgerinitiativen überall im Revier zahllose Siedlungen und damit ein wichtiger Teil des kulturellen Erbes der Region gerettet. Wie sähe das Ruhrgebiet heute aus, hätte es diese Bewegung und in der Folge die Internationale Bauausstellung Emscher Park nicht gegeben?

Die Stadt Duisburg geht nun mit der Zerstörung Bruckhausens, der Preisgabe der Zinkhüttensiedlung für eine "Investition" und dem "Städtebaulichen Entwicklungskonzept Marxloh" wieder denselben Weg, der seit den 70er Jahren überwunden schien. Mit aller Gewalt will sie die Stadt "umbauen". "Vermögende Düsseldorfer" möchte man in die Stadt holen und in "Problemstadtteilen", sprich in Vierteln, in denen Migranten und ärmere Bevölkerungsschichten leben, abreißen. Gentrifizierung brutal. 

Eisenheim könnte ein Beispiel dafür geben, wie man städtische Qualität gegen den Willen der Regierenden retten kann. Heute besuchte eine Studentengruppe der Bauhaus-Universität Weimar Eisenheim, nachdem sie in den letzten Tagen Bruckhausen und die Max-Taut-Siedlung Am Zinkhüttenplatz besucht hat. In der Max-Taut-Siedlung hat vor einigen Tagen eine Gruppe junger Menschen ein Solidaritätscamp errichtet.

Montag, 5. November 2012